Renate Schinköthe

8.3.2016

Richtig Feedback geben – konstruktiv und zielführend

Eine Situation, die fast jedem bekannt ist: Man fragt Kollegen nach Feedback zum aktuellen Projektstand. Schnell kann eine einfache Frage wie etwa „Wie findest du das?“ in ein stundenlanges Meeting ausarten, in dem nur noch über persönliche Vorlieben und Geschmäcker diskutiert wird und man am Ende weniger weiß als vorher.

Wie man diesem Problem vorbeugen kann, wurde mir letztes Jahr auf der UX London wieder einmal ins Bewusstsein gerufen. Adam Connor präsentierte in einem Halbtags-Workshop Methoden, Feedback (im Sinne konstruktiver Kritik) im internen Projektteam als auch in der Kundenabstimmung, strukturiert und konstruktiv einzuholen und zu kommunizieren. Dabei haben wir im Workshop die unterschiedlichen Methoden ausprobiert und in kleinen Gruppen geübt.

Besser Feedback geben durch die richtige Motivation

Fachliches Feedback zur aktuellen Lösung einzufordern oder zu geben ist einer der wichtigsten Aspekte bei der Zusammenarbeit in Teams. Jedoch tendieren Menschen oft dazu direkt Lösungen zu kommunizieren, anstatt das Problem, das sie sehen, zu benennen. Dieses Verhalten kann man auch immer wieder während Nutzerbefragungen und Usability Tests beobachten. Die Probanden berichten wie sie es anders machen würden oder welche Farbe sie sich für das Produkt vorstellen könnten. Während einem Test ist dies die perfekte Möglichkeit, um das Warum zu hinterfragen, also den eigentlichen Grund herauszufinden. Und ebenso sollten wir uns verhalten, wenn wir subjektives oder lösungsorientiertes Feedback von Kollegen oder Kunden erhalten.

Das subjektive oder reaktionsbasierte Feedback ist meist durch die initiale Reaktion auf ein Ergebnis geprägt. Diese instinktgesteuerte, emotionale Reaktion geschieht innerhalb weniger Sekunden und wird durch persönliche Erwartungen, Werte und Bedürfnisse geprägt. Weiterhin kann die Reaktion durch die Erwartungshaltung des Gegenübers beeinflusst werden.

Im Gegensatz dazu zeichnet sich lösungsorientiertes oder richtungsweisendes Feedback durch eine Anweisung oder einen Vorschlag aus. Bei dieser Feedback-Art versucht der Feedback-Geber das Ergebnis an seine Vorstellung der Lösung anzupassen, da man selbst bereits eine Idee im Kopf hat.

Beide Varianten sind problematisch, da:

  • sie die unterbewusste Reaktion des Betrachters zeigen, diese Reaktion aber in den wenigsten Fällen die Zielgruppe repräsentiert.
  • sie nicht vermitteln, wie erfolgreich die aktuelle Lösung die Ziele des Produktes erfüllt.

Grundsätzlich fällt es dem Menschen schwer, nicht direkt in Problemlösungen zu denken. Unser Hirn kann nicht gleichzeitig analysieren und Probleme lösen. Wie bei einem Switch wechselt man ständig zwischen Analysieren und Kreieren. Die einen schneller, die anderen seltener oder langsamer. Beginnt ein Teilnehmer in einer Feedback-Runde eine neue Idee zu beschreiben, dann reagiert jeder unterschiedlich hierauf:

  • der eine versucht sich den neuen Vorschlag vorzustellen.
  • der nächste versucht immer noch die aktuelle Lösung zu analysieren.
  • ein weiterer versucht zu verstehen, wieso eine neue Lösung vorgeschlagen wurde.
  • der nächste versucht einen eigenen Lösungsvorschlag für ein komplett anderes Problem, das er sieht, zu entwickeln.

Deswegen besteht bei Feedback-Runden die Herausforderung, den Switch zwischen Analysieren und Kreieren möglichst bei allen Teilnehmern gemeinsam zu koordinieren.

Gutes Feedback entsteht durch gegenseitiges Verständnis

Bei der Bitte um Feedback erwarten wir meist eine Einschätzung vom Gegenüber, inwieweit die Projektziele durch die aktuelle Lösung erreicht werden. Deswegen ist es als Feedback-Geber umso wichtiger, sich vorab selbst zu fragen:

  • Hat man alles verstanden, was der Kollege vorgestellt hat?
  • Was wollte der Kollege mit dieser Lösung erreichen und wie hat er versucht das zu erreichen?
  • Wie effektiv sind die Lösungen und wieso sind sie effektiv oder auch nicht?

Deswegen bilden die folgende vier Leitlinien ein gutes Grundraster für Feedback:

  • Triff keine Annahmen: Gehe den Gründen für die Herangehensweise nach.
  • Lade dich nicht selbst ein: Tritt in Kontakt mit deinem Kollegen und frage, ob man über den aktuellen Stand sprechen kann.
  • Führe das Gespräch durch Fragen: Zeige Interesse an dem Prozess und lerne über die Absichten.
  • Sprich über Stärken: Es geht beim Feedback-Geben nicht nur darum, Dinge anzusprechen, die nicht funktionieren.

Um konstruktives Feedback zu erhalten ist es wichtig, sicherzustellen, dass alle Teilnehmer die gleichen Grundkenntnisse zur Aufgabe und Zielsetzung haben. Weiterhin muss gewährleistet werden, dass alle über die gleichen Aspekte sprechen. Hier bieten sich folgende Informationen an:

  • Ziele: Erwarteter, messbarer Erfolg des Produktes, nutzer- oder businessorientiert.
  • Leitlinien: Aussagen, die oft als Regeln formuliert sind, die die Qualität und Charakteristik der finalen Lösung beschreiben.
  • Personas: Nutzer-Archetypen, die deren durchschnittliches Verhalten beschreiben.
  • Szenarien: Kurze Beschreibungen des zu erwarteten Verhaltens der Nutzer beim Erledigen einer Aufgabe.

Diese Aspekte zusammen mit dem Problem-Statement auf einer DIN A4 Seite gedruckt, bilden in einem Meeting mit Kunden ein klasse Hand-out für alle Teilnehmer und schaffen gleiche Voraussetzungen.

Alles muss man erst mal lernen

Konstruktives Feedback geben ist wie Konzeption oder Design eine Fähigkeit, die erlernt werden muss. Deswegen ist es von Vorteil klein anzufangen und sich zu überlegen, wem man das erste Mal Feedback gibt oder wen man das erste Mal um Feedback bittet. Folgende Regeln können dabei helfen:

  • Jeder ist gleich: Unabhängig von Titel oder Hierarchie darf jeder gleichermaßen Feedback geben, da jeder gute Ideen und Einsichten beisteuern kann.
  • Jeder ist ein Teilnehmer: Auch wenn man selbst nicht im gleichen Tätigkeitsfeld arbeitet, kann man trotzdem einen wertvollen Beitrag leisten. Wenn jemand im Meeting sitzt ohne sich aktiv zu beteiligen, sollte man ihn nach seiner Meinung fragen, da sonst wertvolle Gedanken verloren gehen können.
  • Versuche nicht Probleme zu lösen: Dies kann sehr schwierig sein, da wir Menschen immer dazu tendieren, sofort eine Lösung für Probleme präsentieren zu wollen. Beim Feedback geben geht es jedoch um die Problemanalyse!
  • Der Kreative ist verantwortlich: Derjenige, der die Lösung entwickelt hat, sammelt das Feedback und die Erkenntnisse. Dann sollte er sich Zeit nehmen, diese zu beurteilen und Entscheidungen zu treffen. Diese Vorgehensweise hilft, zu kurz gedachte Problemlösungsideen komplett zu durchdenken und deren Konsequenzen für das Gesamtprodukt zu beurteilen.

Methoden, die das Feedback-Einholen erleichtern

Meine Kollegen Maxi und Anja haben in ihrem letzten Beitrag schön aufgezeigt, wie Kreativ-Methode im Projekt helfen können, Lösungen zu erarbeiten und zu beurteilen. Einige dieser Methode eignen sich auch, ein Feedback-Meeting zu koordinieren und strukturieren.

Um einen guten Einstieg zu bekommen, bietet sich das „Blitzlicht“ an, bei dem man Teilnehmer reihum auffordert Feedback zu geben. Weiterhin bietet es sich an, selbst mit ein bis zwei positiven Aussagen zum Produkt sowie einem Bedenken die Runde zu eröffnen. Dies erleichtert es anderen, Feedback zu geben, da nun eine Struktur bekannt ist, an die man sich halten kann. Eine andere Möglichkeit ist die Six Thinking Hats Methode, die hilft verschiedenste Blickwinkel zu analysieren.

Während des gesamten Meetings ist es wichtig, als Moderator die Diskussion zu leiten, die Ziele für das Meeting im Auge zu behalten und Erkenntnisse sowie Probleme so zu notieren, dass jeder Teilnehmer sie sehen kann. Aktives Zuhören und Re-Formulierungen sind zentrale Methoden, die dem Moderator helfen, ein gemeinsames Verständnis herzustellen und Unsicherheiten auszuräumen. Bei schwierigen Teilnehmern, die nichts beitragen, hilft nur die direkte Ansprache. Teilnehmern, die nur subjektive Rückmeldungen geben oder beginnen, in Lösungen zu denken, kann man wie ein Researcher mit der 5 Warum Methode helfen, den Dingen auf den Grund zu gehen.

Zum Ende sollten die nächsten Schritte aufgezeigt und den Teilnehmern gedankt werden. Dies vermittelt den Teilnehmern, dass ihre Ideen Beachtung finden und damit sind sie auch später bereit, wieder konstruktiv an einem solchen Meeting teilzunehmen.

Also dann…. Auf, auf in konstruktive Feedback-Runden!

Renate Schinköthe

UX Designer

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