Retrospektiven gehören in vielen agilen Vorgehensmethoden wie zum Beispiel Scrum zum Alltag. Am Ende jeden Sprints redet das Projektteam über Dinge, die gut oder schlecht gelaufen sind und darüber, wo es Verbesserungspotenzial gibt.
Da Projekte bei uns sehr unterschiedlich aufgesetzt sind, fanden in der Vergangenheit je nach Projekt mehrere oder überhaupt keine Retrospektiven statt. Da dachten wir uns, das müssen wir ändern.
Darum haben wir seit ein paar Monaten den Recap Termin als fixen Teil des Projektablaufs etabliert. Bei kleinen Projekten wird der Termin nach Abschluss durchgeführt, bei großen Projekten auch schon nach Meilensteinen.
Recap Termine haben folgende Ziele:
- Die Zusammenarbeit im Team und mit dem Kunden stärken.
- Die Qualität und Effizienz kontinuierlich verbessern.
- Raum bieten um Themen offen anzusprechen.
Es ist wichtig, dass Retrospektiven zeitnah stattfinden, denn je länger das Projekt bereits in der Vergangenheit liegt, desto weniger können sich die Teilnehmer an Details erinnern. Außerdem sinkt dann die Motivation, sich mit schwierigen Themen noch auseinanderzusetzen, das sie ja eh schon so lange her sind und nicht mehr wichtig erscheinen.
Vorbereitung
Sehr wichtig für eine gelungene Retrospektive ist die richtige Vorbereitung. Bei uns bittet der Organisator des Termins alle Beteiligten im Vorfeld darum, das Projekt nochmals zu reflektieren. Wichtig ist, dass sich die Beteiligten dazu ausreichend Zeit nehmen. Oft werden erst bei näherer Betrachtung Probleme und mögliche Lösungen für Unzufriedenheit im Projekt klar.
Eine gängige Methode ist dabei, dass die Teilnehmer ihr Feedback vor dem Termin auf Karten festhalten. Wir orientieren uns dabei an den Begriffen Continue, Stop und Start und füllen zu jedem dieser Bereich beliebig viele Karten aus. Der Detailgrad der Beschreibung darf variieren. Denkt daran – auch Kleinigkeiten sind wichtig. Denn genaudiese können durch einfache Maßnahmen verbessert werden.
Hier eine kurze Erläuterung der Begriffe
Termin
Zum Recap Termin lädt der Organisator alle Personen ein, die einen Beitrag zum Projekt geleistet haben. Es ist nämlich wichtig auch die Perspektive derer zu erfahren, die nur kurz am Projekt beteiligt waren.Oft haben diese sogar den besseren Durchblick, das sie den Projektverlauf auch von außen beobachten konnten.
Zu Beginn des Termins macht es Sinn die aktuelle Stimmung jedes Teilnehmers zum Projekt abzufragen. So erhält man schnell einen Überblick und kann einschätzen, wie problematisch die folgenden Themen tatsächlich sind. Im späteren Verlauf des Termins ist es nämlich oft so, dass die negativen Kommentare zum Projekt überwiegen. Das liegt nicht daran, dass das meiste schlecht war, sondern einfach nur daran, dass Menschen sich immer besser an negative statt an positive Dinge erinnern. Das Stimmungsbild am Anfang hilft dann all die negativen Anmerkungen richtig einzusortieren.
Anschließend stellt der Organisator eine kleine Projektzusammenfassung vor. Diese umfasst die Projektbeteiligten, den Projektverlauf, Laufzeit und Aufwand. In diesem Schritt kann der aktuelle Stand auch gerne mit der Planung verglichen werden. Zudem können Ziele, die im Vorfeld gesetzt wurden, aufgegriffen und gegebenenfalls gemeinsam abgehakt werden.
Nun folgt das Feedback der Projektbeteiligten. Der Reihe nach stellt jede Person alle seine Karten vor. Die bevorzugte Reihenfolge: Vom Positiven, übers Negative bis hin zu den Verbesserungsmöglichkeiten. Verständnisfragen dürfen während der Vorstellung gestellt werden, langatmige Diskussionen sollten aber wenn möglich unterbunden werden.
Glücklicherweise kommt es durch die feste Struktur derTermins selten zu langen Diskussionen. So hat jeder die Möglichkeit seine Meinung zum Projekt zu äußern ohne dafür kritisiert zu werden.
Während des Redens und Zuhören mag es euch vorkommen wie wenn sich Karten wiederholen. Trotzdem sollte jeder sein Feedback in seinen eigenen Worten vorstellen. So wird die Meinung eines jeden ernst genommen und die persönlichen Probleme aufgedeckt. Oft führt eine andere Formulierung schon zu einem ganz anderen Problem. Ebenfalls scheinen sich die Probleme (Stop) und die möglichen Verbesserungen (Start) zu überschneiden. Auch hier ist die Unterscheidung wichtig, da der Projektbeteiligte dazu angehalten wird immer zuerst im Problemraum und dann im Lösungsraum zu denken.
Nachdem alle ihre Meinung abgegeben haben, kann das Ergebnis zum Beispiel so aussehen:
Nun können kritische Punkte in der Gruppe ausführlich diskutiert werden oder der Organisator schließt den Termin an der Stelle ab.
Um die Motivation bei den Retrospektiven hoch zu halten, ist es gut immer wieder kreative Methoden einzusetzen. Das heißt variiert mit dem Einstieg, mit dem Ablauf und nutzt verschiedene Visualisierungen und Metaphern. So bleibt das Team motiviert und es fällt ihnen leichter über Probleme zu reden.
Und etwas Kuchen um die Stimmung hochzuhalten schadet natürlich nie 🙂
Dokumentation
Damit die Erkenntnisse nicht verloren gehen und Verbesserungen im weiteren Projektverlauf umgesetzt werden, muss alles dokumentiert werden. Dokumentieren allein reicht aber nicht, denn dann verstauben die Erkenntnisse schnell wieder in der Schublade.
Am besten leitet ihr aus dem Ergebnissen Aufgaben oder Maßnahmen ab und bestimmt eine Person, die dafür verantwortlich ist. Wenn es sich um Erkenntnisse handelt, die auch für andere Projekte relevant sein könnten, so solltet ihr diese auch dem gesamten Team vorstellen.
Resume
Die Retrospektiven haben uns bei unserer Arbeit einen großen Schritt weitergebracht. Wir optimieren jetzt kontinuierlich unsere Arbeitsweise – auch durch kleine Änderungen im Arbeitsalltag. Ebenfalls hat sich die Zusammenarbeit im Team sehr verbessert. Jedem wird ein Raum geboten um seine Sorgen und Bedenken loszuwerden und positives Feedback zu geben. Erst so haben wir gelernt uns gegenseitig noch besser zu verstehen und gemeinsam an einem Strang zu ziehen.